Nachdem der Winter 2020 wirklich lange auf sich warten lässt und uns die Geduld für lange Autofahrten in Richtung Skigebiete ausgegangen ist, planten wir vor kurzem wieder mal einen Ausflug im flachen, grünen und schier frühlingshaft anmutenden Norden des Chiemsees. In einem tollen Buch der Bayerischen Staatsforsten stieß ich schlussendlich auf „die Tanne in Rankam“. Die Tanne in Rankham bei Bad Endorf? Hm.. da wird’s wohl mehrere geben, dachte ich erst mal. Aber genau diese eine Tanne, die dort in dem Magazin beschrieben steht, scheint wohl eine der ältesten Bayerns zu sein. Und wohl auch eine der höchsten. Und wohl gut zu entdecken sei sie auch, steht sie doch ganz in der Nähe der Via Julia.
Was ist denn die Via Julia?
Die Via Julia bezeichnet die römische Militärstraße, die zwischen Günzburg über Augsburg Richtung Salzburg verlief und eben auch im Norden des Chiemsees durch Wälder rund um Seebruck, Gollenshausen, Eggstätt, Hemhof, Bad Endorf, Söchtenau etc. etc.
Rankham – Schauplatz der großen Tanne – ist Ortsteil zwischen Hemhof und Bad Endorf, und an diesem Tag unser Ziel.
Wir lassen das Auto am Straßenrand zum Eingang der Via Julia stehen und rüsten uns aus für ne Entdeckungstour durch dicken Mischwald. Die Via Julia ist ein breiter Karrenweg, der gut zu gehen ist.
Naja. Klar, dass die Jungs durch den winterlichen Gatsch hüpfen und Ludwig innerhalb kürzester Zeit aussieht wie ein getarnter Braunbär. Aber ist ok. Ich werde ja zunehmend gechillter wenn es um das Sauberkeits-Management meiner Kinder geht. Hier gilt mein neues Kredo: Gut Ding braucht Weile. Oder auch: die Waschmaschine richtets wieder. Dann.
Unterwegs im Wald
Wir marschieren in den tiefen Wald und testen unsere kleinen Nachwuchsförster gleich mal: Welche Bäume sind das? Hättet ihr’s gewusst?
Die Jungs rüsten sich mit Stöcken aus und spielen Räuber und Gendarm, verstecken sich im Dickicht um schließlich wieder laut grölend hinter den Bäumen hervorzubrechen, in der Hoffnung uns Eltern ganz wilde zu erschrecken. Nach ca. 30 Minuten Fußmarsch kommen wir zu einer Lichtung, an der sie steht: die alte Tanne aus Rankham.
Ihr Stamm ist tatsächlich beeindruckend dick, und beim Raufschauen in die Baumkrone wird’s Einem fast schwindlig. Die Tanne ist ca. 200 Jahre alt, ca. 35-40m hoch, aber im Vergleich zum größten Baum der Welt ein Zwerg. Der höchste Baum steht in Nordamerika, ist ein sog. Küstenmammutbaum und bringt fast 116m Höhe bei einem Stammumfang von fast 30m zusammen. Wie klein wir Menschen doch sind!
Eine weitere Überraschung
Unser Abenteuer geht aber erst mal weiter: denn hinter der alten Tanne beginnt ein sumpfiges Gebiet. Vor Jahrzenten war hier nämlich noch ein See, der Arxt-See. Ein Holzweg führt durch das Schilfgebiet in Richtung eines Aussichtspunktes, leider sinken wir aber ziemlich ein und haben nach kürzester Zeit nasse Füße. Wir werden also wohl oder übel den Heimweg antreten müssen. Nicht aber ohne vorher noch die Verwüstungen, die wohl ein hungriger Biber hinterlassen hat, die dazu passende Biberrutsche zu begutachten.
Nach einem schönen Nachmittag mit viel Biologie, Wald, Wild, Wasser und Weitblick fahren wir happy nach Hause. Dort erzählen sich die Jungs noch lauter Abenteuergeschichten über Römer, Förster und fette Biber!
Eine sehr empfehlenswerte Tour für Kinder zum Selberlaufen oder Laufrad fahren aber auch geeignet für Kinderwagen und Kinderanhänger.